Im Juni 2024 startete das FuE-Projekt Zusammenhangsmodell zur thermischen Nutzung von Fließgewässern, das von der Thüringer Aufbaubank gefördert wird.

Im Zuge des Voranschreitens der Wärmewende rückt die thermische Nutzung der Oberflächengewässer Deutschlands zunehmend in den Fokus. Die Idee, Fließgewässer zur thermischen Regulation zu nutzen ist nicht neu. Bisher wurde sich in Deutschland allerdings hauptsächlich auf Kühlwasseranwendungen beschränkt. Aufgrund seiner vergleichsweise hohen Wärmekapazität eignet sich Wasser jedoch ebenfalls zur Gewinnung von Wärme zu Heizzwecken mittels Wärmepumpen. Damit stellt Flussthermie eine (weitere) Möglichkeit zur fossilfreien Wärmeversorgung dar.

Jede thermische Nutzung eines Fließgewässers führt zu einer Temperaturveränderung im Abstrom (flussabwärts) der Anlage. Um die Belange des Naturschutzes zu beachten und eine wirtschaftliche Anlagenplanung zu ermöglichen, ist es nicht nur von großer Bedeutung, die Mischungstemperatur nach der Nutzung zu bestimmen. Ebenso wichtig ist es, die Fließstrecke berechnen zu können, nach der sich die Ausgangstemperatur wieder einstellt bzw. die Temperaturbeeinflussung durch den thermischen Ausgleich mit dem Untergrund, dem Grundwasser und der Atmosphäre stattgefunden hat. Diese Strecke wird auch als Ausgleichsstrecke bezeichnet.

Insbesondere bei der Planung von mehreren Anlagen zur thermischen Nutzung eines Fließgewässers bestehen vielfältige Nutzungskonkurrenzen wirtschaftlicher und ökologischer Art. Die Ermittlung der Ausgleichsstrecke stellt in diesem Zusammenhang eine wichtige Voraussetzung für die Positionierung und Dimensionierung nachhaltig nutzbarer Flussthermieanlagen dar und ist aus Sicht des Autors auch von hoher Relevanz für das wasserrechtliche Genehmigungsverfahren.

Momentan ist es jedoch nicht möglich, die Ausgleichsstrecke nach thermischer Beeinflussung rechnerisch zuverlässig zu bestimmen. Hier setzt das FuE-Projekt an. Übergeordnetes Ziel ist die ökologisch verträgliche thermische Nutzung von Oberflächengewässern im Zuge der angestrebten Energie- bzw. Wärmewende unter Berücksichtigung vielfältig bestehender Nutzungskonkurrenzen.

Hierzu sollen auf der Grundlage hochauflösener Temperaturmessreihen mittels thermodynamischen Simulationen Zusammenhangsmodelle des Untergrundes zwischen Flusswasser, Flussbett und Grundwasser und der Atmosphäre entwickelt werden. Sich aus diesen Modellen ergebende Ausgleichskoeffizienten bzw. Formeln sollen zur Abschätzung der Ausgleichstrecke hinsichtlich des thermischen Gleichgewichts genutzt werden. Weiterhin sollen diese Ergebnisse die Basis für die Entwicklung rechtlicher Grundlagen zur thermischen Nutzung von Oberflächengewässern bilden.

Dabei wird von Projektbeginn an eine enge Zusammenarbeit mit den für die wasserrechtliche Genehmigung zuständigen Behörden des Freistaates Thüringen  angestrebt. Da bisher in Deutschland keine spezifischen gesetzlichen Vorgaben zu Genehmigungsfähigkeit und -kriterien für Flussthermie existieren, liegen sämtliche Genehmigungsverfahren im Ermessen der Wasserbehörden. Deren Sichtweisen in die Entwicklung des Kriterienkatalogs für Parameter zur Eignung von Oberflächengewässern und die Bestimmung von Mindestabständen bzw. Kapazitätsbeschränkungen zur thermischen Nutzung einzubringen, wird angestrebt. Dies soll helfen, die flächenhafte Anwendung der Technologie voranzubringen.

Das vom Freistaat Thüringen geförderte Vorhaben wurde durch Mittel der Europäischen Union im Rahmen des Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) kofinanziert.