Am 27.04.2017 erscheint folgender Artikel in der Ostthüringer Zeitung:

Jena präsentiert in New York prima Klima

Jena. New York, New York! In Donald-Trump-Zeiten ist es ein versöhnliches Signal, dass Jenaer Ingenieure Anfang Mai mit einem großen Koffer voll Klimaschutz-Philosophie in der Welthauptstadt willkommen geheißen werden.

Er kenne dank dienstlicher Kontakte die Kollegen von der US-Umweltbehörde, sagt der Jenaer Kersten Roselt. Und schon wahr, die seien sehr verunsichert nach den Rolle-rückwärts-Ankündigungen des neuen US-Präsidenten zum Klimaschutz. Umso mehr freut sich Kersten Roselt, der Chef der JENA-GEOS-Ingenieurbüro GmbH, dass seine Unternehmung ihre Arbeiten zum Klimaschutz und zum energetischen Stadtumbau bei der Konferenz “Smart Cities New York 2017” präsentieren darf, und dies innerhalb eines Konsortiums unter Federführung des Bundesumweltamtes.

Werkzeugkasten für Analyse und Planung

Kersten Roselt wird in den USA viel zu erzählen haben über den Forschungsverbund “Effort” (“Energieeffizienz vor Ort”), dessen Koordinator der promovierte Jenaer Geologe ist: JENA-GEOS (gegründet 1990), die Hochschule Nordhausen und vier weitere Energie-, Gebäudetechnik-, Stadtplanungs- und Architekturbüros aus Weimar und Nordhausen entwickelten – gefördert vom Bundesforschungsministerium – gemeinsam Methoden für die Gestaltung energieeffizienter Wohnquartiere in Städten und Gemeinden.

Zu tun habe das natürlich mit dem Klimawandel und der Energiewende; auch das 30-köpfige JENA-GEOS -Team habe Anfang der 2000er Jahre darin “eines der spannendsten Tätigkeitsfelder für uns Ingenieure” entdeckt. Schaue man auf die politische Maßgabe, bis 2050 etwa 80 Prozent des Energiebedarfs durch erneuerbare Ressourcen zu decken, so komme man gar nicht um die dezentrale Energieerzeugung und -speicherung herum. “Einen Großteil der Quartiere dezentral zu versorgen, ist aber möglich”, sagt Kersten Roselt. Praktikabel werde so etwas aber nur sein, wenn Fehler vermieden werden, die unterm Strich – etwa als Folge eines Bürgerbegehrens – das Ganze wieder in Frage stellen.

Genau hier setzt “Effort” an mit einem System, das nicht nur die Energieeffizienz in Betracht zieht, sondern auch Städtebau, Architektur, Denkmalpflege, Luft, Begrünung, Soziales, Mobilität. Roselt nennt das entwickelte Analyse- und Planungsinstrument einen “Werkzeugkasten”, in dem viele Daten per Auswerte-Algorithmus und kombiniert mit einem Geografischen Informationssystem verknüpft sind.

Derart ließen sich 22 Indikatoren berücksichtigen. “Auf diese Weise hat man es in der Hand, dass die Energieeffizienz nur so weit erhöht wird, wie wir andere Indikatoren nicht verschlechtern”, sagt Kersten Roselt.

Ob denn nicht alle Stadtwerke der Republik mit Neugier auf diese Entwicklung schauen müssten? Tatsächlich stünden etwa die Stadtwerke Jena dem sehr aufgeschlossen gegenüber, sagt Kersten Roselt. Nur ein Beispiel: Mit JENA-GEOS gebe es gemeinsame Überlegungen, ob sich in Zukunft ein Teil der Fernwärme aus geothermischen Quellen anbieten lasse. Andere Stadtwerke würden aber an ihren Claims festhalten. Da sei es schon interessant zu schauen, wem “die Kundenbindung wichtiger ist als der verkaufte Kubikmeter Gas”, sagt Roselt. Insgesamt gebe es doch nichts Besseres, als sich unabhängig zu machen von den Ländern, die die Erdöl- und Erdgas-Karte spielen.

Kein Wunder also, dass Roselt & Co. den “Effort”-Faden schon längst global weiterspinnen. Dafür steht mittlerweile die Thüringer Wachstumskern-Initiative “smood – smart neighborhood”, schließlich strebe der Freistaat die Führerschaft beim energetischen Stadtumbau an. Eingebunden sind hier 20 Partner-Institute und -Büros wie auch Handwerker. So denn die vielfältigen Bewertungen des Projekts durch das Bundesforschungsministerium gut ausgehen, sei mit einer zweistelligen Millionenfördersumme zu rechnen, die in die Entwicklung eines Umsetzungssystems fließt. Angebunden ist eine bereits bestehende Genossenschaft, die von Jena-Geos gemeinsam mit drei weiteren Thüringer Planungsbüros gegründet wurde.

Kersten Roselt reist also mit breiter Brust nach New York. Dass deutsche Ingenieurskunst dort immer schon wertgeschätzt ist, wird der Jenaer in einem schönen Symbol vor Augen haben: Der Konferenz-Ort befindet sich gleich neben der Brooklyn-Bridge. Die hat August Röblin erbaut, ein Ingenieur aus Thüringen.

 

Foto: Immer schön die früheren Zeiten unserer Welt im Blick: Kersten Roselt, Geschäftsführer der Jena-Geos GmbH

 

Hier gibt es Näheres zu der Methode effort:

mitteldeutsches-energiegespräch.de/cms/wp-content/uploads/2016/03/160312_KR_effort-for-Vi.pdf

Hier geht es zur effort-online-Broschüre:

data.axmag.com/data/201508/20150814/U138386_F349026/FLASH/index.html